Unter Hammer und Zirkel - FF Pillnitz 1945 bis 1990

Neuanfang 1945

In den Abendstunden des 8. Mai rückten die ersten Einheiten der Roten Armee, aus dem Schönfelder Hochland kommend, in Pillnitz ein. Die noch im Ort befindlichen Feuerwehrmänner übernahmen die Versorgung der Bevölkerung mit Trinkwasser mittels Handdruckspritze aus einem Brunnen. Das ständig unter Verschluss und Beobachtung stehende Gerätehaus wurde durch einen in russischer Sprache verfassten Befehl vor Plünderungen geschützt. Nachdem im Juli der bisherige stellvertretende Wehrleiter der FF Pillnitz vom damaligen Bürgermeister mit der Bildung einer neuen Feuerwehr beauftragt worden war, konnte am 4. August 1945 wieder der erste Dienst stattfinden. Zu dieser Zeit befanden sich noch zehn Kameraden in Kriegsgefangenschaft. Nachdem 1946 zwei Kameraden in Gefangenschaft gestorben beziehungsweise verunglückt waren, hatte die Wehr durch den Krieg fünf aktive Männer verloren. Die bis dahin dienstverpflichteten Kameraden und Helferinnen der Feuerwehr sowie die Jungen der ehemaligen Hitlerjugend wurden aus der Feuerwehr entlassen; gleichzeitig erfolgt an sie der Aufruf zum freiwilligen Wiedereintritt. Mit Rundschreiben vom Oktober 1945 begann eine Neuordnung der Feuerwehren der Gemeinden mit Einteilung in Löschgruppen, Dienstgradbezeichnungen und Beförderungsrichtlinien. Im Januar 1946 fand in der neugegründeten Landesfeuerwehrschule Sachsen der erste Lehrgang für Nachwuchskader der Freiwilligen Feuerwehren statt, zu dem auch die Feuerwehren von Hosterwitz und Pillnitz je einen Kameraden delegierten. Im Februar 1946 wurde in der Gemeinde Oberpoyritz die Freiwillige Feuerwehr gegründet, erster Wehrleiter war der Kamerad Herbert Hampel.
War der Neuaufbau des Feuerlöschwesens bisher in Regie der Landespolizei unter Aufsicht der Sowjetischen Kommandanturen vollzogen worden, so wurde mit Rundverfügung Nr. 1 vom 19. April 1947 die Feuerwehr aus der Organisation der Polizei ausgegliedert und der Kommunalen Verwaltung unterstellt. Ab Juni 1948 wurde das Tragen der Dienstkleidung zu Dienstbesprechungen wieder gestattet.
Im Oktober 1948 wurden erstmals brandschutztechnische Überprüfungen der Landwirtschafts- und Gewerbebetriebe durch die Freiwilligen Feuerwehren durchgeführt. Daraus entwickelte sich später das für die Feuerwehren der DDR zur Hauptaufgabe erklärte Arbeitsgebiet "Vorbeugender Brandschutz".
Im März 1949 wurde ein Aufruf zur Bildung von "FDJ-Löschgruppen" in den Freiwilligen Feuerwehren veröffentlicht. Die Freiwillige Feuerwehr Oberpoyritz griff diesen Gedanken auf und rief die Feuerwehren des Bereiches in einer Veranstaltung zur Bildung von Jugendaktiven auf. In der Folge entstanden diese in zahlreichen Feuerwehren der Umgebung. Das Ziel war eine Verjüngung des Personalbestandes sowie die Erzielung besserer Ausbildungsergebnisse mittels durchgeführter Wettbewerbe.

Ein neues Löschfahrzeug

1955, die Wehr bekommt ein gebrauchtes LF 25
1955, die Wehr bekommt ein gebrauchtes LF 25
Von der zum 1. Juli 1950 erfolgten Eingemeindung mehrerer Orte zur Stadt Dresden waren auch die östlichen Vororte betroffen. Zum neuen Wehrleiter von Pillnitz wurde im selben Jahr der bisherige Stellvertreter, Kamerad Hans Hübner, berufen.
Im September 1953 feierte die FF Pillnitz mit einer Ausstellung im Gerätehaus und einer Großübung im Schloss Pillnitz ihr 75-jähriges Bestehen. Die Motorspritze wurde nach 29 Jahren außer Dienst genommen. Nachdem im Sommer Überschwemmungen in vielen Orten tagelange Einsätze der Feuerwehren erforderlich machten, erfolgte 1955 die Bildung von Katastropheneinheiten. Je eine Gruppe der FF Pillnitz, Oberpoyritz und Hosterwitz sowie eine Nachrichten- und Sanitätsgruppe bildeten nun den Katastrophenlöschzug Pillnitz. Nachdem 1951 der Notruf 110 und 112 in Westdeutschland eingeführt wurde, galt dieser ab 1955 auch in Dresden. Waren bisher blau eingefärbte Polizeiuniformen als Einsatzbekleidung getragen worden, wurden ab 1955 einteilige blaue Schutzanzüge eingeführt.
Das Löschfahrzeug "Elite" wurde nach 21 Jahren außer Dienst genommen. An seine Stelle trat in Pillnitz ein LF 25, Baujahr 1942 der Feuerwehr Dresden. Der zunehmende Einsatz von Kunststoffen in allen Bereichen erforderte bei Bränden immer häufiger den Einsatz von Außenluft unabhängigen Atemschutzgeräten. Dazu wurden im Mai 1958 erstmals ärztliche Tauglichkeitsuntersuchungen durchgeführt.
Nach entsprechender Vorbereitung und Einweisung übernahmen die Feuerwehren des Stadtbezirkes Ost ab 1. Oktober 1961 den Sicherheitsdienst in der Staatsoperette Dresden Leuben mit einer Entschädigung von 1,50 Mark je Kamerad und Vorstellung.
Zur Jahreshauptversammlung im Januar 1963 übergab der Kamerad Hans Hübner aus Altersgründen die Funktion des Zugführers an seinen Stellvertreter Helmut Heinz. Anfang des Jahres erfolgte die Einkleidung mit ganzteiligen blauen, wasserabweisenden Kombinationen mit Schutzkragen.
Nachdem in vielen Feuerwehren sogenannte Arbeitsgemeinschaften "Junge Brandschutzhelfer" entstanden waren, wurde diese im Mai 1967 auch in der Wehr Pillnitz gegründet. Kinder ab 10 Jahren wurden in der Folgezeit von mehreren erfahrenen Feuerwehrleuten betreut und mit Grundregeln des Brandschutzes sowie der Feuerwehrtechnik vertraut gemacht. Einige unserer heutigen gestandenen Feuerwehrleute sind aus diesen Gruppen herangewachsen. Eine echte Entlastung für unsere Kameraden bedeutete die Übernahme der Schlauchpflege durch die Feuerwache III in Striesen ab 1968. Damit entfiel das Schlauchwaschen nach den Einsätzen in den Gerätehäusern der Freiwilligen Feuerwehren.
Im Jahre 1969 entschloss sich die Leitung der FF Pillnitz zur Bildung einer Frauenlöschgruppe. Unerwartet erklärten sich von den Angesprochenen zwölf Frauen zur Mitarbeit bereit. Im Gegensatz zu den in den meisten Wehren im vorbeugenden Brandschutz arbeitenden Frauen wurden die Pillnitzer Kameradinnen als erste in den Dresdner Feuerwehren als operative Gruppe ausgebildet und garantierten damit auf längeren Zeitraum die Einsatzbereitschaft der Wehr.

Von 1970 bis zur Wende

Neues LF 8, Übergabe 1970
Neues LF 8, Übergabe 1970
Nach altersbedingter Stilllegung des LF 25 konnte die Wehr 1970 ein neues LF8-TS8-STA in Empfang nehmen. Das vorgesehene LF 16 konnte infolge der zu kleinen Fahrzeughallen hier nicht stationiert werden. Um der Forderung zur schnellstmöglichen Indienstnahme nach den erforderlichen Einfahrkilometern nachzukommen, wurden mit den Einsatzfahrern eine Fahrt in Richtung Ostseeküste sowie eine Thüringenrundfahrt mit Übernachtungen organisiert. Von den inzwischen eingeführten Leistungsstufen eins bis drei erreichte die Pillnitzer Feuerwehr im September erstmals die höchste. Mit Einführung der "Funkalarmempfänger" im Jahre 1972 für die Einsatzkräfte begann das Ende der öffentlichen Alarmierung der Feuerwehren mittels Sirenen.
Gruppenbild anlässlich der 100-Jahr-Feier
Gruppenbild anlässlich der 100-Jahr-Feier
Im September 1978 feierte die FF Pillnitz ihr 100-jähriges Bestehen. Dazu wurde erstmals eine Ausstellung in der Orangerie des Schlosses Pillnitz gestaltet. Historische und moderne Geräte sowie Schriftgut aus den Archiven vermittelten den über 4.000 Besuchern in drei Wochen einen Eindruck über die Arbeit der Freiwilligen Feuerwehren. Appell, Festveranstaltung, eine Großübung sowie viele weitere Vorführungen im Schloss Pillnitz hinterließen bei den Kameraden und Gästen einen nachhaltigen Eindruck. Die FF Niederpoyritz bekam ebenfalls ein neues LF 8. Das bisher genutzte KLF wurde als Zweitfahrzeug in Pillnitz stationiert. Ende des Jahres 1978 wurde das Pillnitzer Löschgruppenfahrzeug mit Funk ausgestattet, Anfang 1980 folgen die ersten Handsprechfunkgeräte. Im Januar 1983 übergab der Kamerad Heinz die Wehr nach 20-jähiger Tätigkeit an den Kameraden Hans-Jürgen Meißner, der allerdings 1986 Pillnitz verließ und damit Kamerad Heinz wieder das Kommando übernahm. Ende September 1984 legte die Wehr nach intensiver Vorbereitung vor der Kommission aus Vertretern der Stadt, des Stadtbezirkes, sowie der Wehr- und Wirkungsbereichleitung die Prüfung für die höchste Qualifizierung "Vorbildliche Freiwillige Feuerwehr" ab. In der weiteren Folge überstürzten sich die Ereignisse. Das Ende der DDR wurde eingeleitet und durch die Wiedervereinigung beider deutscher Staaten am 3. Oktober 1990 vollzogen.
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